Bei der Scheuermann-Krankheit handelt es sich um eine chronische Rückenkrümmung, die durch fehlerhaft gewachsene Wirbel verursacht wird.
Was ist ein Kyphose?
Ein Überblick
Rückenschmerzen sowie Ansätze eines Rundrückens oder Buckels können Anzeichen für diese Deformität der Wirbelsäule sein. In diesem Fall ist die natürliche doppel-S-förmige Krümmung der Wirbelsäule stärker ausgeprägt als üblich.
Die Scheuermann-Krankheit, in der Fachsprache Morbus Scheuermann, ist eine Wachstumsstörung der Wirbelsäule (ICD 10-Code 42). Sie tritt meist im Jugendalter auf und hat in der Regel zur Folge, dass sich der Bereich der Brustwirbelsäule (thoraktal) verformt. Ohne Behandlung kann so ein zunächst schmerzloser chronisch gekrümmter sogenannter Rundrücken entstehen, der im späteren Erwachsenenalter allerdings Bewegungseinschränkungen und damit verbundene Schmerzen verursachen kann. Liegt eine Erkrankung vor, ist die konsequente Behandlung mit medizinischen Korsetts und Physiotherapie wichtig, um die Wirbel aufzurichten und die Muskulatur nachhaltig aufzubauen.
Die genaue Ursache für Morbus Scheuermann ist nicht bekannt. Vererbung scheint jedoch eine Rolle zu spielen, da die Krankheit innerhalb von Familien gehäuft auftritt. Weiterhin fördern eine schwache Rückenmuskulatur, stetiges gebeugtes Sitzen sowie einige Sportarten die Krankheit.
Wirbel wachsen asymetrisch
Bei Morbus Scheuermann wachsen Wirbel langsamer nach vorne in Richtung Brust als nach hinten. Dadurch nehmen sie die Form eines Keils an – die Wirbelsäule krümmt sich. Meistens ist der Bereich der Brustwirbelsäule, seltener der der Lendenwirbelsäule betroffen. Aufgrund der veränderten Form der Wirbelsäule werden auch Muskeln in Bauch und Rücken, Bänder, die Bandscheiben sowie die Wirbelgelenke stark beansprucht. Im Anfangsstadium versuchen die Veränderungen meist noch keine Beschwerden. Im späteren Verlauf treten vermehrt Schmerzen aufgrund von Verspannungen oder Bandscheibenproblemen auf. Auch Bewegungseinschränkungen können folgen.
Wirbelsäule genau untersuchen
Ärzte prüfen zunächst, wo genau die Schmerzen auftreten und wie sie sich äußern: Sind sie stechend oder dumpf, treten sie vorübergehend, konstant oder abhängig von Bewegungen auf? Darauf folgen eine körperliche Untersuchung sowie eine Diagnostik mittels Röntgenstrahlung, um die Lage und Form der Wirbel bestimmen zu können. In selteneren Fällen kommt eine Kernspin- (MRT) oder Computertomographie (CT) zum Einsatz.
Die erste Maßnahme bei der Scheuermann-Krankheit ist in der Regel Physiotherapie. Parallel dazu können in einigen Fällen Korsetts und Medikamente zum Einsatz kommen. Operationen führen Ärzt:innen nur in Ausnahmesituationen durch.
Ursachen und Vorsorge
Morbus Scheuermann geht mit Entwicklungsstörungen von Knochen und Knorpeln einher. Erste Anzeichen zeigen sich bei manchen Kindern bereits im Alter von acht bis zwölf Jahren – Beschwerden haben Die Betroffenen dann jedoch in der Regel noch nicht. Erst zwischen zwölf und 16 Jahren verändert sich die Wirbelsäule so, dass dies auf Röntgenaufnahmen sichtbar wird.
Erbliche Faktoren spielen eine Rolle
Die genauen Ursachen dafür sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Forscher gehen jedoch davon aus, dass die Scheuermann-Krankheit vererbt wird. So tritt die Krankheit vermehrt innerhalb von betroffenen Familien auf. Weiterhin können Stoffwechselstörungen oder hormonelle Veränderungen während der Pubertät die Krümmung der Wirbelsäule verursachen. Zudem begünstigen äußere Umstände, dass sich die Wirbel keilförmig deformieren. Leistungssportler wie Turner überlasten ihre Wirbelsäule häufig, sodass leicht Veränderungen entstehen.
Eine schwache Rückenmuskulatur und dauerhaftes, nach vorn gebeugtes Stehen und Sitzen gelten zudem als Faktoren, die Morbus Scheuermann weiter voranschreiten lassen.
Vorbeugen: Haltung, Sport, Ergonomischer Schreibtisch
Vor allem, wenn in der Familie bereits Fälle von Morbus Scheuermann bekannt sind, lohnt es sich, der Krankheit vorzubeugen. Eltern können bei ihren Kindern dann darauf achten, eine aufrechte und gerade Körperhaltung zu fördern. Dazu ist es wichtig, die Rücken- und Bauchmuskulatur gleichmäßig zu trainieren. Sportarten wie Schwimmen eigenen sich dafür besonders gut.
Ebenso sollten die Schreibtische der Kinder mitwachsen. Es gibt höhenverstellbare Möbel, die sich mit wenigen Handgriffen der jeweiligen Körpergröße anpassen lassen. So vermeiden Eltern, dass ihre Kinder vornübergebeugt am Schreibtisch arbeiten.
Symptome der Erkrankung
Bei Morbus Scheuermann machen sich die ersten Beschwerden in der Regel zwischen der Pubertät und dem jungen Erwachsenenalter bemerkbar. Deshalb nennen Experten die Scheuermann-Krankheit auch Adoleszentenkyphose (Adoleszenz = späte Jugend) oder juvenile Kyphose (juvenil = jung, jugendlich). Meistens tritt die Deformation der Wirbelsäule im Brustwirbelsäulenbereich auf, seltener an der Lendenwirbelsäule.
Im Anfangsstadium kaum Beschwerden
Zu Beginn eines Morbus Scheuermanns treten nur wenige Symptome zu Tage. In einigen Fällen haben die jungen Menschen Schmerzen in den betroffenen Bereichen, die Bewegung kann eingeschränkt sein und körperliche Anstrengung empfinden sie als ermüdend.
Im Ausbildungsstadium verformt sich die Wirbelsäule
Die Wirbel im Bereich der Brust- oder Lendenwirbelsäule wachsen nicht symmetrisch und nehmen vermehrt die Form eines Keils an. Dadurch verformt sich die Wirbelsäule und bildet einen Rundrücken, umgangssprachlich einen Buckel. Der Körper versucht, diesen auszugleichen, indem er den Lendenwirbelbereich vorschiebt, sodass ein Hohlkreuz entsteht – eine sogenannte Kypholordose. Ist die Lendenwirbelsäule von der Scheuermann-Krankheit betroffen, führt das zu einem Flachrücken (Lordose). Diese Deformationen führen zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen.
Das Endstadium begleiten starke Schmerzen und muskuläre Probleme
Die Wachstumsphase ist jetzt in der Regel abgeschlossen. Je stärker die Wirbelsäule verkrümmt ist, desto häufiger treten Schmerzen auf. Bei starken Veränderungen erhöht sich zudem der Druck auf die Bandscheiben, was zu einem Vorfall führen kann. Weiterhin verspannen sich die Rückenmuskeln, da sie ständig versuchen, die Krümmung auszugleichen. Das verursacht starke und häufige Schmerzen.
Morbus Scheuermann richtig erkennen
Um Morbus Scheuermann frühzeitig zu erkennen, sollten Eltern gerade während des Wachstums den Rücken ihrer Kinder regelmäßig überprüfen. Erscheint der obere Rücken besonders nach hinten gewölbt oder ist der untere Teil sehr flach, sollten sie mit dem Kind einen Orthopäden aufsuchen.
Wirbelsäulenexperte führt gründliche Anamnese durch
Zunächst erfragen Ärzt:innen die Krankengeschichte der Patientinnen und Patienten und erkundigen sich, ob und in welchen Bereichen Schmerzen auftreten. Zudem prüfen sie, wie beweglich die Wirbelsäule ist und ob es Einschränkungen gibt. Dazu führen sie beispielsweise den sogenannte Rutschtest durch. Die Patientinnen und Patienten knien sich dafür auf den Boden und rutschen mit den Armen so weit nach vorne, bis Arme und die Wirbelsäule eine gerade Linie bilden. Patient:innen, die unter einem Rundrücken leiden, können diese Übung nicht sauber ausführen.
Röntgenbilder erlauben genaue Diagnose
Besteht der Verdacht auf Morbus Scheuermann, können Ärzte ihre Einschätzung mithilfe einer Röntgenuntersuchung absichern. Die Aufnahmen zeigen, ob die Wirbel keilförmig sind, wie viel Raum zwischen den einzelnen Wirbelkörpern liegt und ob weitere Veränderungen sichtbar sind. In seltenen Fällen greifen Ärzte auf Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) zurück.
Anhand der Röntgenbilder können sie auch den Schweregrad der Scheuermann-Krankheit einordnen. Dafür verwenden sie häufig die Winkelmessmethode nach Cobb. Die Mediziner messen aus, wie stark die Wirbelsäule in dem betroffenen Bereich gekrümmt ist.
Behandlungsoptionen bei einer Kyphose
Je früher sie Morbus Scheuermann erkennen, desto besser können Ärztinnen und Ärzte mit entsprechenden Therapiemaßnahmen der Verkrümmung entgegenwirken. Das ist besonders in der Wachstumsphase wichtig. Das Ziel der Behandlungen ist, die Wirbelsäule aufzurichten und zu verhindern, dass die Wirbelkörper sich zu Keilen verformen. Dazu verordnen Ärzt:innen in der Regel zunächst Physiotherapie. Mit speziellen Übungen stärken die Kinder und Jugendlichen ihre Rückenmuskulatur und können so vermeiden, dass sich ein Rund- beziehungsweise Flachrücken bildet. Auch im späteren Krankheitsverlauf ist es wichtig, Rücken- und Bauchmuskeln zu trainieren, um einer weiteren Verkrümmung entgegenzuwirken.
Wirbelsäule mithilfe eines Korsetts aufrichten
Zusätzlich zu krankengymnastischen Übungen können Korsetts helfen, die Wirbelsäule zu stabilisieren und aufzurichten. Diese müssen Patientinnen und Patienten circa 23 Stunden am Tag tragen – nur zum Duschen oder Baden dürfen sie sie abnehmen. Später ist es häufig ausreichend, das Korsett nur nachts anzulegen. So können Verkrümmungen der Wirbelsäule verhindert oder gar begradigt werden. Fällt diese Stütze jedoch weg, besteht die Gefahr, dass sich die Wirbel wieder verschieben. Deswegen ist es dann besonders wichtig, die Physiotherapie fortzuführen.
Im fortgeschrittenen Stadium kann Morbus Scheuermann starke Schmerzen verursachen. Zu Beginn der Therapie verschreiben Ärzt:innen deswegen häufig schmerzstillende und muskelentspannende Medikamente.
Eingriffe an Wirbelkörpern und Bandscheiben
Operationen sind bei Morbus Scheuermann nur selten notwendig. In einigen Fällen verändert sich die Wirbelsäule so stark, dass die Bandscheiben beschädigt werden. Dann entfernen Ärztinnen und Ärzte betroffene Bandscheiben und ersetzen sie zum Beispiel durch körpereigenes Knochengewebe aus dem Becken. Weiterhin können Chirurgen die Wirbel aufrichten und die Wirbelsäule mithilfe von Metallstäben stabilisieren. Nach einer Operation müssen Patientinnen und Patienten dann für einige Wochen ein Korsett tragen.