Spondylitis ankylosans oder auch Morbus Bechterew genannt ist eine sich langsam entwickelnde, mit Schmerzen verbundene, rheumatische Erkrankung.
Morbus Bechterew - Spondylitis ankylosans
Ein Überblick
Die Spondylitis ankylosans, besser bekannt als Morbus Bechterew, ist eine chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung (ICD 10-Code: M 41). Betroffen sind häufig Wirbelgelenke und Gelenke in der Körperachse wie beispielsweise die Verbindungsgelenke zwischen Wirbelsäule und Rippen sowie zwischen Kreuz- und Darmbein, aber auch Sehnen. Charakteristisch sind scherzende, steife Gliedmaßen – vor allem unmittelbar nach dem Aufstehen, die sich im Laufe des Tages und mit Bewegung bessern.
Leider ist Morbus Bechterew nicht heilbar. Allerdings lässt sich der Verlauf der Krankheit durch verschiedene Maßnahmen beeinflussen. Entscheidend sind eine frühzeitige Diagnose und ein Leben lang regelmäßige Bewegung.
Morbus Bechterew verläuft in Schüben
Die genaue Ursache für Morbus Bechterew ist nach wie vor nicht bekannt. Ärzte wissen jedoch, dass der Körper dabei das Immunsystem falsch steuert: Es bekämpft dann sowohl Krankheitserreger als auch eigene Körperzellen. Neben Gelenken sind häufig auch Sehnenansätze, Augen und innere Organe von der schubweise auftretenden Krankheit betroffenen.
In vielen Fällen helfen bildgebende Verfahren wie Röntgen und Magnetresonanztomografie (MRT), Verknöcherungen zu erkennen und Entzündungen an Gelenken ausfindig zu machen. Auch eine Blutuntersuchung gibt häufig Aufschluss: Viele Betroffene tragen das Erbmerkmal HLA-B27, ein spezielles Körpereiweiß, in sich.
Bewegung ist das A und O
Der Fokus der Behandlung liegt darauf, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten und einem dauerhaften Rundrücken entgegenzuwirken. Besonders wichtig ist regelmäßige Bewegung, etwa Schwimmen oder Walken, und Krankengymnastik. In der Regel verschreiben Ärzte ergänzend dazu Medikamente wie nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und Steroide, die die Entzündungen hemmen. Eine Operation erfolgt nur in Ausnahmefällen, wenn die Beweglichkeit von Gelenken stark eingeschränkt ist oder Wirbel gebrochen sind.
Die Symptome der Erkrankung
Besonders im Anfangsstadium sind die Beschwerden bei Morbus Bechterew häufig sehr unspezifisch. Zudem unterscheidet sich der Krankheitsverlauf von Patient zu Patient. Daher vergehen zwischen den ersten Symptomen und einer gesicherten Diagnose oftmals mehrere Jahre. Jedoch gibt es eine Reihe verschiedener Kriterien, die für Morbus Bechterew sprechen.
Zu den typischen Erstsymptomen zählen:
- Wechselnde Gesäßschmerzen zwischen der rechten und linken Seite sowie eine Bewegungseinschränkung im Lendenwirbelsäulenbereich. Die Schmerzen strahlen teilweise bis in die Oberschenkel aus.
- Weniger Schmerzen bei Bewegung, stärkere Schmerzen in Ruhe.
- Steife Gelenke und Sehnen, bevorzugt am Morgen (mindestens 30 Minuten nach dem Aufstehen).
- Wiederkehrende, schubweise auftretende Beschwerden über mehr als drei Monate.
- Krankheitsbeginn vor dem 40. Lebensjahr.
Folgende Begleitbeschwerden treten zudem häufig auf:
- Entzündung einzelner Gelenke, wie an Hüft- oder Kniegelenk.
- Fersenschmerzen oder eine andere Sehnenansatzentzündung (Enthesitis).
- Entzündung der Regenbogenhaut (Iritis) im Auge.
- Schmerzen über dem Brustbein, Einschränkung beim Drehen des Brustkorbes ohne erkennbare Ursache.
Meist bessern sich die Symptome innerhalb von 48 Stunden, wenn Betroffene ein nicht-steroidales, cortisonfreies Medikament erhalten, das die Entzündung hemmt. Setzen sie das Mittel ab, kehren die Schmerzen wieder. Im Spätstadium sind manchmal auch innere Organe von der Krankheit betroffen, wie Lunge, Herz, Nieren und das Nervensystem.
Die Ursachen sind unklar
Fehler im Imunsystem
Was genau Morbus Bechterew auslöst, ist bislang nicht bekannt. Wissenschaftler sind sich jedoch einig, dass eine Fehlregulation des Immunsystems maßgeblich daran beteiligt ist. Diese führt dazu, dass die Abwehrkräfte des Körpers nicht nur Krankheitserreger bekämpfen, sondern auch eigene Körperzellen – es entstehen chronische Entzündungen. Der Körper schädigt auf diese Weise Gewebe wie Knorpel und Knochen dauerhaft.
Verdacht: Bakterielle Auslöser
Ein weiterer Ansatz der Forscher ist, dass Bakterien wie Salmonellen und Chlamydien Morbus Bechterew hervorrufen. Sie stehen im Verdacht, dass sie das Abwehrsystem des Körper so stark aktivieren, dass dadurch entzündliche Prozesse in Gang kommen.
Veranlagung ist vererbbar
Forscher haben entdeckt, dass Morbus Bechterew häufig verstärkt innerhalb von Familien auftritt. Bestimmte genetische Faktoren scheinen also auch eine Rolle zu spielen. Trifft eine solche erbliche Veranlagung auf eine Infektion, beispielsweise der Verdauungs- und Harnwege, kann das die Krankheit auslösen.
Traumatische Erlebnisse als Auslöser
Forscher vermuten, dass körperliche Einflüsse wie Kälte und Nässe sowie psychische Belastung den Verlauf der Krankheit verschlimmern oder ihren Ausbruch fördern. Laut der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e.V. berichten etwa ein Drittel der Patienten von einem traumatischen Erlebnis zu Beginn oder vor der Krankheit. Forscher sehen dies als Hinweis darauf, dass auch das Unterbewusstsein dazu beiträgt, dass die Krankheit entsteht.
Sichere Diagnose
Mit verschiedenen Maßnahmen können erfahrene Rheumatologen herausfinden, ob Morbus Bechterew die Ursache der Beschwerden ist.
Beweglichkeit prüfen
Beim Schober-Zeichen überprüfen Ärzte die Funktion der Lendenwirbelsäule. Dabei beugen sich die Patientinnen und Patienten nach vorne – eine Einschränkung spricht für Morbus Bechterew. Auch der Finger-Boden-Abstand bei maximaler Rumpfbeugung und der Kopf-Wand-Abstand, wenn die Patient:innen mit dem Rücken an der Wand stehen, sind wichtige Instrumente. Hinzu kommen Messungen zur Differenz des Brustumfangs, die beim Aus- und Ausatmen entsteht, sowie der Winkel, in dem sich der Kopf noch drehen lässt.
Fragebögen helfen bei der Orientierung
Eine weiteres wichtiges Instrument sind Fragebögen, anhand derer die Patientinnen und Patienten subjektiv einschätzen, wie schwer der Morbus Bechterew bei ihnen ausfällt. Beim „Bath Ankylosing Spondylitis Disease Activity Index“, kurz BASDAI, beantworten Betroffene beispielsweise Fragen dazu, wie ausgeprägt die Symptome aktuell sind. Andere Fragen zielen darauf ab zu ermitteln, wie sehr Morbus Bechterew den Alltag einschränkt und wie der Gesundheitszustand allgemein ist.
Bildgebende Verfahren geben Aufschluss
Eine Magnetresonanztomografie (MRT) zeigt Ärztinnen und Ärzten frühe Krankheitszeichen wie Entzündungen an den Iliosakralgelenken im Beckenbereich. Verknöcherte Strukturen an der Wirbelsäule, beispielsweise zwischen den Wirbelkörpern und an den Bändern, lassen sich auf Röntgenbildern erkennen. Anhand der Aufnahmen können Ärzt:innen zudem messen, wie stark die Wirbelsäule verkrümmt ist.
Blutuntersuchung entlarvt Entzündungen
Darüber hinaus nehmen Ärztinnen und Ärzte in der Regel eine Blutprobe. Bestimmte Blutwerte zeigen, dass im Körper Entzündungsreaktionen stattfinden – und weisen damit auf einen Morbus Bechterew hin. Ein weiteres Indiz im Blut ist ein spezielles Körpereiweiß, das Humane Leukozyten Antigen B27 (HLA-B27). Zwar trägt dieses Eiweiß auch manch ein Gesunder im Blut – aber eben auch mehr als 90 Prozent der Morbus Bechterew-Patientinnen und Patienten.
Behandlung des Morbus Bechterew
Morbus Bechterew ist nicht heilbar. Der Verlauf der Krankheit lässt sich jedoch durch verschiedene Maßnahmen positiv beeinflussen. Ganz entscheidend bei der Therapie ist, dass sich Betroffene lebenslang regelmäßig bewegen und auf eine aufrechte Haltung achten.
Mit Krankengymnastik die Beweglichkeit erhalten
Bewegungstherapien und Krankengymnastik bilden den Grundstein der Behandlung. Dadurch bleiben Betroffene gelenkig, stärken die Muskeln im Rücken und nehmen so nehmen eine gerade Haltung ein. Tägliche Gymnastikübungen nach dem Aufstehen helfen gegen morgendliche Steifheit und Schmerzen. Auch Wärme- und Kältetherapien sind eine Möglichkeit, die Schmerzen zu stillen. Sportarten wie Walken und Schwimmen fördern zusätzlich eine gerade Haltung des Rückens.
Medikamente lindern die Symptome
Außerdem kommen gegen Morbus Bechterew entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz, vor allem sogenannte nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) mit Wirkstoffen wie Diclofenac und Indometacin. Eine dauerhafte Einnahme führt jedoch in einigen Fällen zu Nebenwirkungen wie Magenblutungen und Kopfschmerzen. Um kurzfristig akute Entzündungen zu lindern, verschreiben Ärzte in der Regel cortisonähnliche Medikamente wie Glukokortikoide. Bei fortgeschrittener Krankheit verursachen in einigen Fällen auch verspannte Muskeln und kleine Risse in den Wirbelkörpern die Schmerzen. Einfache Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Paracetamol sind dann meist wirksamer als entzündungshemmende Antirheumatika. Zudem verursachen sie häufig weniger Nebenwirkungen, insbesondere bei älteren Menschen.
Operation nur in schweren Fällen
Ist die Wirbelsäule so sehr gekrümmt, dass Betroffene im Alltag stark eingeschränkt sind, empfehlen Ärzte eine Operation, ebenso wenn Wirbelkörper gebrochen sind. Je nachdem, wie weit die Krankheit vorgeschritten ist, entnehmen Spezialisten entweder Knochenstücke aus der Wirbelsäule (Osteotomie) oder sie korrigieren sie mit Hilfe eines Schrauben-Stab-Systems (Spondylodese). Bei entzündlich veränderten Gelenken besteht die Möglichkeit, diese durch eine Prothese, also künstliche Gelenke, zu ersetzen. Am häufigsten betroffen sind die Hüfte und Knie.